St.Marien Wallfahrtskirche Ziegelheim

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Vortragskreuz

Historisches

Vortragskreuz


Im August 2016 entdeckte der Autor bei Reinigungsarbeiten im Kirchturm das uralte Vortragskreuz wieder. Beim Auskehren einer Fensterbank im Bälgeraum fiel ihm ein flaches Behältnis auf, welches über und über mit Bergen toter Fliegen bedeckt war. Beim Abkehren tauchten dann Holzteile auf, welche nach vorsichtiger Grobreinigung in der Sakristei ein altes Kreuz samt Christusfigur erscheinen ließen. Eine Pinselreinigung und ausführliche Recherchen ergaben schließlich, dass es sich um das alte, verschollene Vortragskreuz handelt, dessen Geschichte dem Autor aus dem Aktenarchiv bekannt war. Nach vielen vergeblichen Versuchen, Hilfe zu finden, ergab sich im Frühjahr 2017 die Möglichkeit, den bekannten Altenburger Restaurator Johannes Schaefer über die Fundstücke blicken zu lassen. Er schätzte das Alter des Kreuzes grob auf die Barockzeit ein, den Christus-Korpus sehr viel älter. Eine Restaurierung ist nur unter Einbeziehung des Denkmalschutzes möglich. Am 31.5.2018 übergab der Autor das Vortragskreuz an das Pfarramt Waldenburg zur Verwahrung, verbunden mit der Hoffnung, das es irgendwann restauriert werden möge.

Folgender Schriftverkehr erzählt etwas zur Geschichte des Vortragskreuzes, welches viele Jahre genutzt und stark strapaziert wurde, indem es bei Prozessionen, Leichenbegängnissen, .. an einem langen Stab befestigt vor(ange)tragen wurde.  -

An die Königlich Sächsische Kircheninspektion über Ziegelheim.

Das hiesige, zum Teil wurmstichige, äußerst alte Cruzifix zu Leichenbegängnissen ist von der Beschaffenheit, daß nur langjährige Gewohnheit den Anblick desselben ohne Anstoß zu nehmen ertragen kann.
Dazu war nun noch vor einiger Zeit – jedenfalls bei einem Leichenbegängnisse – der linke Arm verloren gegangen und, obschon ich die Schulkinder darüber befragte und zur Wiederaufsuchung desselben aufforderte, nicht wieder zu erlangen.
Auf Veranlassung des Kirchenvorstehers Müller brachte uns nun heute der Tischler und Bildhauer Gleitsmann aus Langenleuba-Niederhain ein von ihm verfertigtes Cruzifix zur Ansicht. Material und Arbeit an demselben erscheinen tüchtig und es wäre wünschenswerth, daß die Kirche dasselbe aquiriren könne. Da dies nun aber nicht ohne gütige Genehmigung der verehrten Inspection würde geschehen können, so bitte ich in meinem und des Kirchenvorstandes Namen schuldiger Maaßen um dieselbe, indem ich beifolgende von mir aufgesetzte und von Gleitsmann unterschriebene Rechnung zur Passirlichmachung gehorsamst einsende.
Noch ist es meine Schuldigkeit, gehorsamst zu bemerken, daß kürzlich der hiesige Hauptlehrer den oben erwähnten verlorenen Arm ganz zufällig auf dem Kirchhofe zwischen den Gräbern wiedergefunden hat.
Der ich mit schuldiger Ehrerbietung gehorsamst zu verehren die Ehre habe.

Magister Georg Moritz Gotsch, Pastor.
Ziegelheim, den 2.April 1840.

Obiges Gesuch genehmigt seiner seits. Waldenburg den 4.April 1840.
Dr.Leo

Das Vortragekreuz scheint tatsächlich in den 1840er Jahren aussortiert und durch einen Nachfolger ersetzt worden zu sein. Es wurde vielleicht schon 1903/04 bei der Grundrenovierung der Kirche "wiederentdeckt" oder aber  tatsächlich erst in den Endzwanzigern. Ab dieser Zeit wird es aus denkmalschutzrechtlicher Sicht als "wertvoll" angesehen und für restaurierungswürdig befunden.
Das Landesamt für Denkmalpflege führt Instandsetzungsarbeiten 1930 an dem kunstvoll geschnitzten alten Vortragskreuz unserer Kirchgemeinde durch, das infolge an dem Pfeiler gegenüber der Kanzel aufgehängt wurde. Das Kirchenvorstandsprotokoll vom 28.03.1930 berichtet dazu: "Punkt 7: Die Kosten für die Instandsetzung des altehrwürdigen Ziegelheimer Vortragskreuzes - 156 Mark - sind auf die Staatskasse übernommen worden."
Das Bild oben rechts zeigt das Kircheninnere im Jahre 1938. Rot eingekreist ist das ehemalige Vortragskreuz gut zu erkennen. Auch heute kann man den etwas helleren Fleck des Aufhängeortes noch erkennen.


Bei der im Juni 1949 durchgeführten Inventarisierung des Kirchenarchivs und Kircheninventars heißt es
unter „Kirchenaltertümer“: Ein aus gleicher Zeit wie die Marienstatue stammendes Vortragskreuz ziert die der Kanzel gegenüber befindliche Wand. - Das Vortragskreuz scheint irgendwann heruntergefallen zu sein und hat aufgrund seines Alters wohl erheblichen Schaden genommen. Die Teile sollten dann offenbar entsorgt werden, gelangten stattdessen jedoch in den Kirchturm in die hinterste Ecke einer Fensterbank..bis 2016..

Laut Einschätzung des Restaurators Johannes Schaefer kann mit der Altersbestimmung "..aus gleicher Zeit wie die Marienstatue.." nur der Christus-Korpus gemeint sein, während die eingangs erwähnte Einordnung des Kreuzes selbst in die Barockzeit, sehr gut zur "Neuaustattung" der Kirche in der 2.Hälfte des 17.Jh. passen würde - Altar = 1670 / Kanzel = 1657 / Altes Chorgestühl und Beichtstuhl = ebenfalls 2.Hälfte 17.Jh.





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