Heimatforschung Ziegelheim

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Radfahrverein

Was sagt diese unscheinbare Quittung aus ? - Ziegelheims Bürgermeister Linus Etzold quittiert am 24.09.1929 die Einzahlung von 30 Reichsmark Vergnügungssteuer durch den Radfahrerverein "Sachsentreue" Ziegelheim..

Einige Spuren dieses Radfahrervereins existieren bis heute. So ist eine Abschrift des Status dieses Vereins von 1902 erhalten geblieben, ebenso ein Zeitungsartikel zur Bannerweihe des Vereins aus dem Jahre 1927. Daraus ergibt sich, das erste Bemühungen, einen Verein zu gründen, fehlschlugen und es erst 1925 gelang den Verein "Radfahrerverein `Sachsentreue` Ziegelheim" aus der Taufe zu heben. Der Verein ging mit Kriegsende 1945 unter.  

Siehe dazu unten das Transkript des Statuts von 1902:

Ziegelheim den 5.September 1902.
Abschrift.
Schon seit mehreren Jahren sind wir, mehrere
Radfahrer zu Ziegelheim, bemüht gewesen,
uns einen Radfahrerverein zu gründen. Es
ist uns aber noch nicht möglich gewesen dieses
Vorhaben zur Durchführung zu bringen. So
ist nun jetzt wieder einmal der Beschluß ge-
faßt worden die hohe königliche Amtshaupt-
mannschaft ergebenst zu bitten um Ge-
nehmigung des nachstehend angeführten Statuts.
Noch ist hierbei anzugeben das politische und
religiöse Tendenzen vollständig ausgeschlossen
sind.

Statut:

§1 - Der Verein führt den Namen Radfahrerverein
zu Ziegelheim. Zweck des Vereins ist Pflege des
Radfahrersports.

§2 - Der Verein besteht aus aktiven und passiven
Mitgliedern, welche sämtliche die gleichen Rechte
und Pflichten haben.

§3 - Die Aufnhame neuer, jedoch nicht unter 18
Jahren alter Mitglieder erfolgt in jeder Ver-
sammlung.

§4 - Mitglieder welche gegen die Interessen des VEreins ver-
stoßen oder mit ihren Beiträgen länger als drei Mo-
nate im Rückstande sich befinden können ausgeschlos-
sen werden.

§5 - Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark, der monatliche
Beitrag 20 Pfennige. Nachweislich erkrankte Mit-
glieder können nach Übereinkommen vom Verein
unterstützt werden. Jedes Mitglied hat sich beim
Austritt aus dem Verein statutgemäß abzumelden.
Jedoch fortziehende Mitglieder sind ausgeschlossen.

§6 - Der Vorstand besteht aus einem Vorsitzenden, einem
Schriftführer, einem Kassierer und je einem
Stellvertreter, welche wir uns erst wählen wollen.

§7 - Der Vorstand hat die VErsammlung einzuberufen
und zu leiten. Der Schriftführer besorgt alle schrift-
lichen Arbeiten und führt bei den Versammlungen
das Protokoll. Der Kassierer hat über Einnahmen
und Ausgaben genau Buch zu führen, vierteljähr-
lich eine Gesamtabrechnung und den Kassenbestand
vorzulegen.

§8 - Zur Kontrolle des Kassierers werden zwei Revisoren
gewählt, welchen die Abrechnung zu prüfen obliegt.
Diese haben in den stattfindenden Generalversamm-
lungen Bericht zu erstatten.

§9 - Die Generalversammlungen finden halbjährlich,
die Neuwahl des Vorstandes jährlich statt. Eventuelle
Vergnügungen regelt die Vereinsversammlung.

§10 - Zur Leitung der Vereinstouren werden drei Fahr-
warte gewählt und ist den Anordnungen derselben
während einer Tour unbedingt Folge zu leisten.
Die Neuwahl der Fahrwarte kann in jeder Ver-
sammlung erfolgen.

§11 - Die Auflösung des Vereins kann nur durch eine
Generalversammlung erfolgen, wenn vier
Fünftel der Mitglieder dafür stimmen. Das
übrig bleibende Vermögen kann zu einem ge-
meinnützigen Zwecke verwendet werden.


Touren Ordnung

§1 - Die Touren des Vereins leiten die Fahrwarte:
Pflicht der Mitglieder sowie der anwesenden
Gäste ist es, den Anordnungen derselben une-
dingt Folge zu leisten.

§2 - Die Fahrwarte fahren einer als Führer und
zwei als Schluß. Bei mehr denn 15 Fahrern je
einer als Führer, einer in der Mitte und einer
als Schluß.

§3 - In welcher Weise gefahren wird, entscheidet der
erste Fahrwart. Bei der Aufstellung sind die
schwachen Fahrer möglichst hinter den ersten
Fahrwart zu stellen. Das gegenseitige Überholen
und das Fahren außerhalb der Reihe ist ver-
boten. Bei Beteiligung von 20 Fahrern und
mehr muß ein Gruppenabstand von mindestens
20 Metern eingehalten werden.

§4 - Mitglieder und Gäste, welche sich wiederholt den Anord-
nungen der Fahrwarte widersetzt haben, können auf
Antrag der Fahrwarte von den gemeinschaftlichen Touren
auf die Dauer von drei Wochen ausgeschlossen werden.
Der Ausschluß wird von den betreffenden Teilnehmern
an der Tour ausgesprochen.

§5 - Mitglieder, welche auf Grund des §4 gestraft werden,
steht das Recht der Berufung an die nächste Versamlmlung
zu.

§6 - Zur besseren Verständigung gelten folgende Signale der
Fahrwarte:
"Einmaliges langes Pfeifen = Aufsitzen"
"Zweimaliges kurzes Pfeifen = Langsamer fahren"
"Dreimaliger kurzer Pfiff = Schneller fahren"
"Einmaliges langes Tuten = Absitzen"
"Zweimaliges kurzes Tuten = Vorsicht".

§7 - Bei vorkommenden Unfällen oder Reparaturen an
Maschinen haben in erster Linie die Fahrwarte die Pflicht,
helfend einzugreifen. Die Sanitätstasche hat ein vom
ersten Fahrwarte bestimmtes Mitglied mitzuführen und
bei eventuellem Unfall sofort zur Hand zu sein.

§8 - Im öffentlichen wie im eigenen Interesse ist jedes Mit-
glied verpflichtet, beim Einzeln wie beim Tourenfahren,
sich einer vernünftigen und anständigen Fahrweise
zu bedienen, um Ehre und Ansehen des Vereins zu
wahren.

Ziegelheim den 16.September 1902

Edwin Lange, Vorstand

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